Warum ich dann doch zum Schauplatz Bochum gewechselt bin

22 Mai 2025

Fünf Bücher lang spiel­ten meine Geschich­ten haupt­säch­lich im Land­kreis Wol­fen­büt­tel, mei­ner alten Hei­mat. Mit mei­nem sechs­ten Buch, „Ihr letz­tes Stück“, wech­sel­ten dann Schau­platz und größ­ten­teils das Per­so­nal. Mei­ner neuer Prot­ago­nist Mike Mül­ler ermit­telt seit­dem in mei­ner Wahl­hei­mat Bochum.

Die drei zen­tra­len Orte in „Ihr letz­tes Stück“ lie­gen im Ehren­feld. Rück­zugs­ort der wich­tigs­ten Figu­ren ist das erfun­dene Restau­rant „Som­mer­nachts­traum“ am Stand­ort des seit weit über zwan­zig Jahre lang geschlos­se­nen „Alt Nürn­berg“. Das Lokal füh­ren Mikes Freunde Jutta und Hel­mut.

Mikes Detek­tei habe ich in eine Woh­nung ver­frach­tet, in der ich Mitte der Neun­zi­ger drei Jahre lang wohnte: ein Eck­haus an der Kreu­zung Hat­tin­ger Straße, York­straße und Bes­se­mer Straße, direkt über der „Piz­ze­ria Pronto“. Zwei Eta­gen dar­über liegt Mikes Woh­nung, die er sich mit Alice teilt, zu Beginn des Buches Mit­be­woh­ne­rin, Sekre­tä­rin und gele­gent­li­che Bett­ge­nos­sin, spä­ter feste Part­ne­rin statt gele­gent­li­che Bett­ge­nos­sin. Liebe auf den drit­ten Blick.

Mord und Intrigen am Bochumer Schauspielhaus

Dreh- und Angel­punkt der Hand­lung ist das Schau­spiel­haus Bochum. Zunächst wird eine Thea­ter­kri­ti­ke­rin bru­tal ermor­det. Sie hat zuletzt alle Pre­mie­ren ver­ris­sen. Sollte das etwa das Motiv sein? Die Kripo Bochum ermit­telt. Bei­nahe zeit­gleich ver­schwin­det der Vater des Inten­dan­ten. Die Suche nach ihm führt den vom Inten­dan­ten beauf­trag­ten Mike Mül­ler in die rechts­extreme Szene. Er lan­det unter ande­rem beim AfD-Rats­her­ren in Weit­mar-Mark und beim frü­he­ren NPD-Funk­tio­när in Wat­ten­scheid.

Obwohl Mike mit der Suche aus­ge­las­tet ist (und die Sache mit Alice erfreu­lich schnell in Fahrt kommt), nimmt er einen wei­te­ren Auf­trag an: Der weib­li­che Star des Schau­spiel­hau­ses ver­däch­tigt den männ­li­chen Star des Schau­spiel­hau­ses (der zugleich ihr Lebens­ge­fährte ist) des Fremd­ge­hens. Beim Beschat­ten kreuzt Mike quer durch Bochum: Innen­stadt, Stie­pel, Kirch­vier­tel – und kann bei all dem nicht ver­hin­dern, dass auch der Schau­spie­ler ver­schwin­det.

Bis zum Schluss darf der Leser gern rät­seln, ob und wie die Fälle mit­ein­an­der zu tun haben.

Lisas erste Leiche

So, nun folgt der obli­ga­to­ri­sche Aus­zug, in die­sem Fall auch Sicht von Kri­mi­nal­ober­kom­mis­sa­rin Lisa Bert­ram, die es der Liebe wegen von Wol­fen­büt­tel nach Bochum ver­schla­gen hat:

Ihre erste Lei­che in Bochum hatte Lisa sich anders vor­ge­stellt. Ein im Suff ersto­che­ner Obdach­lo­ser? Ein erschos­se­ner Gangs­ter? Aber nicht diese Frau, die in ihrer eige­nen Woh­nung an einen Bal­ken gefes­selt hing. Nackt. Dazu über­sät mit Brand­wun­den.

Es stank nach ver­brann­tem Fleisch und nach Fäka­lien. Durch das Ober­licht drang spät­abend­li­che Sonne in die Dach­woh­nung. Sie ver­lieh der bizar­ren Szene einen Hauch von Unwirk­lich­keit. Wer würde bei die­sem herr­li­chen Wet­ter eine Frau zu Tode mar­tern? Lei­der hatte sich irgend­je­mand nicht davon abbrin­gen las­sen.

Aller­dings hatte die­ser Jemand sein abscheu­li­ches Ver­bre­chen nicht bei spät­abend­li­cher Sonne ver­übt, son­dern nach Son­nen­un­ter­gang. Laut ers­ter Ein­schät­zung der Gerichts­me­di­zin war die Frau vor etwa acht­zehn bis zwan­zig Stun­den gestor­ben, das hieß: ges­tern Abend zwi­schen ein­und­zwan­zig und drei­und­zwan­zig Uhr und damit weit nach Son­nen­un­ter­gang.

Mike und sein VfL

Anschlie­ßend hatte Leo­nie Gratz bei­nahe einen Tag lang unent­deckt an die­sem deko­ra­tiv im Raum ste­hen­den Bal­ken gehan­gen. Gratz hatte allein in der über ein­hun­dert Qua­drat­me­ter gro­ßen Dach­ge­schoss­woh­nung in der Brun­stein­straße unweit des Bochu­mer Haupt­bahn­hofs gelebt. Das wuss­ten sie bereits, und dass Gratz als Jour­na­lis­tin für die Ruhr­zei­tung schrieb, der wich­tigs­ten Tages­zei­tung im Ruhr­ge­biet. Sie lei­tete dort die Kul­tur­re­dak­tion und war in der Region recht bekannt. Sogar Hen­ning, den kul­tu­rell neben sei­nem Fuß­ball­ver­ein VfL Bochum allen­falls das Musi­cal Star­light Express fas­zi­nierte, kannte ihren Namen.

Kri­mi­nal­ober­kom­mis­sa­rin Lisa Bert­ram und Kri­mi­nal­ober­kom­mis­sar Hen­ning Schmitt, auch pri­vat Lisas Part­ner, lei­te­ten die­sen Ein­satz gemein­sam. Wäh­rend die Poli­zei­fo­to­gra­fin den schau­ri­gen Fund- und nach ers­ten Erkennt­nis­sen zugleich Tat­ort doku­men­tierte, waren vier Beamte in der Nach­bar­schaft unter­wegs, um Zeu­gen zu suchen, und die Spu­ren­si­che­rung fahn­dete nach ver­wert­ba­rem Mate­rial …

Mehr über meine Bücher.

Buchcover von Arne Dessauls Bochum-Krimi „Ihr letztes Stück“