Manche Dinge kann man nicht erklären, sie geschehen einfach. Mir zum Beispiel wird jedes Mal schlecht, wenn ich versehentlich auf eine Rosine beiße – oder wenn ich versehentlich Jan Böhmermann sehe. Freitags schalte ich nach der „Heute-Show“ sofort den Fernseher aus, aber dass er in der vierten „Discounter“-Staffel plötzlich an der Kasse steht, ahnte ich nicht. Es war schlimm. Wie gesagt, ich kann es nicht erklären und versuche es erst gar nicht. Es ist halt so: Von Rosinen und von Böhmermann wird mir schlecht. Ich zolle allen großen Respekt, die beides besser vertragen als ich.
Tom Werner – der neue Böhmermann
Da ich mit meinen Abneigungen häufig hausieren gehe, habe ich in meinem zweiten Bochum-Krimi, „Sein letzter Witz“, vorsichtshalber mit einem genialen Kniff dafür gesorgt, dass niemand denkt, ich bringe im Buch Jan Böhmermann um: Ich führe das Opfer im Klappentext wie folgt ein: „Der erfolgreiche Satiriker und TV-Entertainer Tom Werner – gefeiert als der neue Jan Böhmermann – reißt in seiner Show gern böse Witze und trampelt genüsslich anderen Menschen auf den Füßen herum. Wurde er deshalb in seiner Bochumer Hotelsuite erstochen und mithilfe einer Säge seiner beiden Füße entledigt?“
Damit dürfte allen Lesern klar sein, dass ich es eben nicht auf Jan B abgesehen habe, denn der dient bloß als Referenz für die Bedeutung von Tom Werner.
Das dazu. Wie üblich, folgt nun ein Auszug aus „Sein letzter Witz“ – frei nach dem Motto: Privatdetektiv Mike Müller findet Ärger, ohne dass er danach gesucht hätte:
Ich schellte und lauschte dem hohen Ton der Klingel hinterher, wie er langsam durchs Haus waberte. Ansonsten geschah nichts. Ich klingelte ein zweites Mal. Dabei fiel mein Blick auf die Eingangstür, die nicht geschlossen wirkte. Ich drückte sanft dagegen, die Tür öffnete sich geräuschvoll.
Irgendwie lag Ärger in der Luft
Irgendwie lag Ärger in der Luft, meine Nackenhärchen sträubten sich. Ich machte mich auf alles gefasst, nur nicht darauf, dass der Überraschungseffekt auf meiner Seite war – nicht nach zweimaligem Klingeln und der lustvoll knarzenden Tür.
Wie in solch schmalen Häuschen üblich, fand ich einen engen Flur vor, der linker Hand von einer kurvenreichen Treppe zum ersten Stock dominiert wurde. Rechts baumelten ein paar Jacken an der Garderobe. Auf den ersten Blick vermochte ich nicht zu beurteilen, ob sie zu einer Person gehörten oder zu mehreren. Neben der Garderobe sah ich eine verschlossene Tür, die, das verriet mir ein kleines Schild in Augenhöhe, zum Gäste-WC führte. Sowohl die Tür daneben als auch die Tür geradeaus standen offen.
Geplant von Ludwig Mies von der Rohe
Küche und Wohnzimmer, vermutete ich, es sei denn, Ludwig Mies von der Rohe oder ein anderer begnadeter Bauhausarchitekt hätten das Haus geplant und dabei alles auf den Kopf gestellt.
Die leisen Atemgeräusche kamen aus dem Raum geradeaus, dem vermeintlichen Wohnzimmer.
Im Kopf ging ich verschiedene Szenarien durch, die ich allesamt wieder verwarf. Ich entschied mich für die einfachste Lösung. „Hallo! Ist hier jemand? Polizeioberkommissar Michael Meyer. Uns wurden verdächtige Geräusche aus diesem Haus gemeldet. Wir wollten der Sache nachgehen.“ Das Erfinden von ausgefallenen Tarnnamen gehörte eindeutig nicht zu meinen Kernkompetenzen.
Ich tastete mich ein paar Zentimeter vor, die Ohren gespitzt wie Mr. Spock.
Und presste ihr ein Messer an die Kehle
Im Türrahmen zum Wohnzimmer tauchten zwei Gestalten auf. Eine Dame um die fünfundsechzig und dahinter ein Typ Mitte zwanzig mit blondem Haarschopf und einigen Narben im Gesicht. Er packte die Dame unsanft an den grauen Locken und presste ihr ein Messer an die Kehle. Der irre Blick des Kerls erinnerte mich fatal an Tom Werners Blick am Beginn seiner Show.
Hier lief irgendetwas mit Drogen. Ich tippte auf einen Raubüberfall. Schmuck und Bargeld, um damit Drogen zu kaufen. Also das, was gemeinhin als Beschaffungskriminalität durch die Medien geistert.
Was für ein schöner Zufall, dass ich mittenrein geriet.
„Keinen Schritt weiter und Flossen hoch“, zischte der Junkie. „Oder die Alte hier fällt nie wieder auf einen Enkeltrick rein.“
Bonnie und Clyde, umso besser
Die Augen seines Opfers waren weit aufgerissen. Ich entdeckte Tränen. Und hinter dem ungleichen Pärchen schemenhaft eine weitere Gestalt. Eine Frau. Bonnie und Clyde, umso besser.
Ich hob meine Hände und blieb stehen. „Alles gut. Irgendwie kommen wir aus dieser Nummer raus.“
„Mir scheißegal, was du dir denkst, Bulle.“ Der Junkie fletschte die Zähne. „Bist du allein?“
„Die Kollegin sitzt draußen im Wagen“, log ich.
„Scheiße, scheiße, scheiße“, plärrte die Komplizin des Junkies im Hintergrund.
„Halts Maul“, befahl Clyde seiner Freundin. „Wir ziehen hier nicht ohne Beute ab. Und die Lady nehmen wir mit. Als Pfand für die Bullen.“
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